Gute Dokumentationspraxis – Kann Excel dies leisten?2018-01-31T15:05:55+01:00

QM-Forum Foren Qualitätsmanagement Gute Dokumentationspraxis – Kann Excel dies leisten?

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  • sebeh79
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    Beitragsanzahl: 2

    Hallo Zusammen,

    ich versuche mal Euch ein Thema zu beschreiben, das es bei uns in der Firma kontrovers diskutiert wird und ich hoffe einige Vorschläge zu bekommen.

    Grundsätzlich geht es um die „Gute Dokumentationspraxis“ und wie dies mit Excel-Listen vereinbar ist.

    Bei uns in der Firma werden aus der Tradition heraus und weil es scheinbar für einfacher und praktischer empfunden wird, Checklisten in Excelformat erstellt. Diese sind ähnlich anzusehen wie Prüfprotokolle, denn es wird in ihnen dokumentiert, was, wann, wie und vom wem gemacht wurde (aber von diesen Personen nicht abgezeichnet, jeder könnte es also eintragen). Zusätzlich können in diesen Listen weiter Kommentare und Bemerkungen festgehalten werden, auch Links zu anderen Dokumenten, worauf es vielen ankommt. Aber eben alles nur in „elektronisch“ Form. Einen Zell- oder Blattschutz gibt es auf diesen Dateien auch nicht, wäre bei uns auch fast unlogisch, denn es müssen eine Vielzahl von Mitarbeitern darauf Zugriff haben. Dann brauch man auch kein Passwort mehr, wenn es jeder kennt.

    Das einzige was auf diesen Checklisten handschriftlich erfolgt, ist eine Unterschrift auf dem ausgedruckten Dokument durch den Projektleiter, wenn alles fertig ist.

    Nun zum eigentlichen Problem. Für mich als Leiter der QS sind diese Excellisten kein gültiges Dokument im eigentlichen Sinne. Denn alle Eintragung erfolgen in der Excelliste „elektronisch“, das heißt ich kann nicht nachvollziehen, ob diese Person wirklich den jeweiligen Schritt durchgeführt hat und ob dies wirklich an dem jeweiligen Tag geschehen ist. Auch ist das ganze in meinen Augen nicht fälschungssicher, d. h. ich kann jeder Zeit hingehen, Personen hinzufügen oder löschen, Daten ändern oder ähnliches. Auch reicht meiner Meinung nach nicht eine Unterschrift auf der ausgedruckten Excelliste aus, denn lt. GDocP ist es erforderlich, das aus einem Dokument schriftlich hervorgeht, wer, wann und was gemacht hast und dies mir Datum und Unterschrift/Kürzel abgezeichnet wird. Ich könnte noch mehr Punkte nennen, warum Excel Listen in meinen Augen nicht einem teilweise handschriftlich ausgefüllten Worddokument entsprechen, aber das würde den Rahmen sprengen.

    Jedenfalls stehe ich mit meiner Meinung fast alleine da, den sowohl Geschäftsführung, Laborleitung und viele Mitarbeiter des Labors könne ohne diese Excellisten nicht leben und halten diese für absolut wichtig und unumgänglich.
    Von mir wird nun erwartet, das ich dies akzeptiere oder beweise, das Excellisten nicht der GDocP entsprechen, am besten mit Hilfe irgendwelcher Nachweise. Kurze Info am Rande, wir sind kein Labor das nach GMP arbeitet, wir stellen also selber nichts her. Bei uns gelten GLP/GCLP und ISO 17025 und zumindest von meiner Seite her gewisse Ansprüche an die Dokumentation, da ich aus einem GMP-Bereich komme.

    Liege ich mit meiner Ansicht denn so falsch? Ich hoffe auf zahlreiche Meinungen und Hilfestellung.

    Vielen Dank.

    Rainaari
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 630

    Servus,

    Excel kann das grundsätzlich leisten, die Frage ist: Wie.

    Die Excel Liste(n) sollten eine gewisse Struktur haben und in eurem QMS hinterlegt sein. So wird jede einzelne Checkliste aus einer sauberen, gelenkten Vorlage erstellt. Das läßt sich z. B. über ein definiertes Vorlagenverzeichnis, auf das nur wenige Leute (QM) zugriff haben, sicher stellen. Die Lenkung muss im QMS definiert werden.

    Zu Unterscheiden ist, ob in den Excel Listen Rohdaten/Urdaten verwaltet werden oder verarbeitete bzw. Sekundärdaten. Der Umgang mit Rohdaten ist wesentlich sensitiver als mit Sekundärdaten.

    Das Fortschreiben der Excel Listen sollte nachvollziehbar bleiben. So kann

    a) jeder Mitarbeiter nach Änderungen ausdrucken und unterschreiben

    b) eine Automatisierte Audit Trail Funktion das mitführen.

    Variante b) wird von Excel halbherzig unterstützt (Funktion Arbeitsmappe freigeben, ggf. Workflow in MS Sharepoint definieren — habe ich aber keine Erfahrung mit)

    Wir hatten einige Jahre das Tool Excon von Provadoc (Analytik Service Thomas Trantow) im Einsatz, dies wird allerdings aktuell nicht mehr weiter entwickelt und deckt nur Excel 97, 2000 und 2003 ab. Es hat Vorlagenverwaltung, Nutzerzugang und Audit Trail ermöglicht.

    Aktuell prüfe ich eine Valdierung mit Dr. Schömer, QM-Balance. Hier wird die Übereinstimmung zwischen Excel Datei und Ausdruck über eine Prüfsumme sicher gestellt.

    Den genannten Beweis kannst du vermutlich einfach antreten, in dem du ein ‚abgeschlossenes‘ Dokument nachträglich änderst (z. B. „Freigeber stellt mir einen Audi TT zur Verfügung“)

    Evtl. ist es auch sinnvoll, den gesamten Prozeß, den ihr mit dem Excel Sheet abbilden wollt, zu prüfen (-> z. B. Makigami) und in dem Zuge zu vereinfachen.

    so long,

     

    Rainaari

    Q…t…
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 154

    Hallo,

    alsooooooooooo, wenn ich euch als Kunde auditieren würde (und wir auditieren unsere externen Labore) würde ich dafür eine Hauptabweichung geben.

    Das Thema Data Integrity ist letztes Jahr in jedem Audit ein Thema gewesen und Behörden habe sich das Thema ganz oben auf die Fahne geschrieben.

    Alle Daten müssen nach dem ALCOA+ Prinzip beurteilt werden:

    „Attributable (zuweisbar) – Aufzeichnung, von wem und wann eine Handlung durchgeführt wurde.

    Legible (lesbar) – Daten müssen über den gesamten Lebenszyklus der Aufzeichnung auslesbar sein.

    Contemporaneous (zeitgenau) – Dokumentation zum Zeitpunkt der Aktivität.

    Original – Originalaufzeichnung oder zertifizierte Kopie.

    Accurate (korrekt) – Keine Fehler bzw. keine Bearbeitung ohne Dokumentation der Änderungen. Zuverlässige Daten.

    Complete (vollständig) – Alle Daten einschliesslich durchgeführter Tests, Wiederholungen oder Reanalysen. Daten (Aufzeichnungen) müssen vollständig sein.

    Consistent (konsistent) – Alle Elemente der Analyse wie die Abfolge von Ereignissen sind in chronologischer Reihenfolge mit entsprechendem Datums- und Zeitstempel versehen.

    Enduring (langlebig) – Eine nachhaltige Aufzeichnung (systematische Dokumentation) in Laborjournalen oder validierten Systemen.

    Available (verfügbar) – Die Daten können während des gesamten Lebenszyklus für Überprüfungen, Audits oder Inspektionen abgerufen werden.“ Mettler Toledo

     

    Mit einer Exceldatei lassen sich die ACLOA+ Prinzipien kaum darstellen – zumindest nicht, so lange man keinen Audit Trail hat. Dies könnte man eventuell mit MS Sharepoint verwirklichen. Dort kann man auch eine Versionierung mit Haupt- und Nebenversionen einstellen und ggf. einen Dokumentenfreigabeworkflow implementieren.

    Dies nur zusätzlich zu Rainaaris Ausführungen.

    Eine Vielzahl der Warning Letters der FDA in den letzten 2 Jahren wurde aufgrund von Abweichungen zur Datenintegrität vergeben.

    Viele Grüße

    Q…t…

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